Nach Angaben des Bundesfinanzministeriums werden in Deutschland immer mehr Steuern hinterzogen. Die im vergangenen Jahr in Strafurteilen und Verordnungen ermittelte Höhe der vermiedenen Steuern beläuft sich auf 1,25 Milliarden Euro, berichtet die “Süddeutsche Zeitung” unter Berufung auf ein Schreiben des Ministeriums an den FDP-Finanzexperten Markus Herbrand. Das war deutlich höher als in den Vorjahren: 2019 waren es 745 Millionen Euro, 2018 waren es 907 Millionen Euro und 2017 waren es 1,21 Milliarden Euro.
In insgesamt 7.153 Fällen wurden laut Schreiben des Ministeriums rechtskräftige Entscheidungen und Sanktionen erlassen. Die verhängten Geldbußen beliefen sich somit auf insgesamt 44,9 Mio. EUR. Berichten zufolge geht die Zahl der Strafverfahren wegen Steuerhinterziehung zurück. Zudem werden deutlich weniger Selbstanzeigeverfahren eingestellt. Die Zahl der im Jahr 2015 abgeschlossenen Strafverfahren betrug 83.307 – 25.222 davon wurden wegen freiwilliger Anzeigen eingestellt. Im vergangenen Jahr gab es 53.977 Verfahren und 5.770 entsprechende Einstellungen. Gleichzeitig sanken die Gesamtstrafen von knapp 12,6 Millionen im Jahr 2015 auf 6,4 Millionen im vergangenen Jahr.
Herbrand warf Bundesfinanzminister Olaf Scholz von der SPD vor, es versäumt zu haben, “wirksam gegen Steuerhinterziehung vorzugehen”. Es gebe “enorme Missbräuche im Kampf gegen die Umsatzsteuerkarusselle und die Verfolgung von Steuerdelikten nach dem “cum ex”-Prinzip, die das Finanzministerium trotz Mantra-Warnungen der Opposition beseitigt hat”, kritisierte der Liberale. Dies sei ein “eklatantes politisches Versagen”. Steuerbetrug “ist kein Kavaliersdelikt und sollte mit aller Härte des Gesetzes geahndet werden”, sagte Herbrand.
Scholz hatte Anfang Juni den Erwerb geheimer Daten in Dubai bestätigt, der zu massivem Steuerbetrug führen würde. “Steuerhinterziehung ist kein Kavaliersdelikt, sondern eine kriminelle Handlung. Es gibt keine Gnade”, sagte er. Der Spiegel hatte zuvor berichtet, dass von der Maßnahme Tausende deutscher Steuerzahler betroffen seien, die unter anderem im Golf-Emirats Land und Immobilien besaßen.